Die negative Feststellungsklage bei unberechtigter Abmahnung im Urheberrecht und Markenrecht
Wieso eine (negative) Feststellungsklage gegen eine unberechtigte Abmahnung ein attraktives Gegenmittel sein kann, soll im Folgenden aufgezeigt werden. In unserer Praxis sehen wir immer häufiger, dass unsere Mandanten wegen einer vermeintlichen Verletzung von Urheberrechten und Schutzrechten wie dem Markenrecht oder Patentrecht vorschnell und zumeist unberechtigt abgemahnt wurden.
Es gibt Anwaltskanzleien, die aus der Abmahnung ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt haben und deren wirtschaftliche Leistung ausschließlich im Abmahnwesen besteht.
Schutzrechtsverwarnungen
Unter dem Begriff „Schutzrecht“ ist das Recht auf den rechtlichen Schutz für geistiges Eigentum, Erfindungen, Gebrauchsmuster, Handelsmarken o.Ä. zu verstehen (Quelle: Duden).
Die wohl bekanntesten Schutzrechte dürften die folgenden sein:
- Markenrecht
- Patentrecht
- Designrecht
Sie sollen die Kreativität, den Einfallsreichtum aber auch die finanziellen Investitionen des Rechteinhabers amortisieren und schützen.
All diese Schutzrechte sind einfachgesetzlich in Bundesgesetzen geregelt (z.B. UrhG, PatG, MarkenG). Häufig ist vor der gerichtlichen Geltendmachung etwaiger Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche eine außergerichtliche Abmahnung erforderlich.
Dabei wird teilweise vom Gesetz vorgeschrieben, welchen Inhalt eine Abmahnung haben muss. So zum Beispiel für das Urheberrecht in § 97a UrhG.
Abmahnung als Voraussetzung für Unterlassungsansprüche
Zudem setzten die gängigen Unterlassungsansprüche (§ 1004 Abs. 1 BGB, § 97 Abs. 1 UrhG, § 14 Abs. 5 S. 1 MarkenG) eine sogenannte Wiederholungsgefahr voraus. Hiermit ist die Gefahr gemeint, dass der Verletzer die Rechtsverletzung wiederholt. Eine solche Wiederholungsgefahr wird grundsätzlich durch die erstmalige Rechtsverletzung vermutet. Nach ganz überwiegender Auffassung kann diese einmal indizierte Wiederholungsgefahr durch den Verletzer nur dadurch beseitigt werden, dass dieser sich strafbewehrt zur Unterlassung der Rechtsverletzung verpflichtet. Erst dann darf der Rechteinhaber darauf vertrauen, dass der Schädiger die Rechtsverletzung – aufgrund der Strafandrohung – nicht noch einmal begeht.
Wann ist eine Abmahnung unberechtigt?
Damit das rechtliche Mittel der Abmahnung nicht – wie so oft – rechtsmissbräuchlich verwendet und als „Kassenschlager“ genutzt wird, können unberechtigte Abmahnungen negative Folgen für den Abmahnenden haben. Dieser soll insoweit von einer zu schnellen Abmahnung abgeschreckt werden. Wann eine Abmahnung unberechtigt ist, hängt vom jeweiligen Schutzrecht ab.
Wann ist eine Abmahnung im Urheberrecht unberechtigt?
Im Urheberrecht regelt § 97a UrhG, welche inhaltlichen Voraussetzungen eine Abmahnung haben muss. Gem. § 97a Abs. 2 hat die Abmahnung in klarer und verständlicher Weise
- Name oder Firma des Verletzen anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,
- die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,
- geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und
- wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, ob die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.
Eine Abmahnung, welche diese Anforderungen nicht erfüllt, ist gem. § 97a Abs. 2 S. 2 UrhG unwirksam.
Wann ist eine Abmahnung im Markenrecht unberechtigt?
Anders als im Urheberrecht gibt es im Markengesetz keine mit § 97a UrhG vergleichbare Norm. Dies führt jedoch nicht dazu, dass eine markenrechtliche Abmahnung nicht auch unberechtigt sein kann. Eine markenrechtliche Abmahnung darf nur dann ausgesprochen werden, wenn auch tatsächlich eine Markenrechtsverletzung vorliegt und die Marke markenmäßig im geschäftlichen Verkehr benutzt wird (vgl. § 14 Abs. 2 MarkenG). Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, so ist die Abmahnung unzulässig. Hierbei sollte unbedingt bedacht werden, dass die rechtliche Bewertung, ob eine Markenverletzung vorliegt oder nicht, im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein kann und häufig eine andere Rechtsauffassung vertretbar ist.
Welche Rechtsfolgen kann eine unberechtigte Abmahnung haben?
Wurde eine unberechtigte Abmahnung ausgesprochen, so kann dies für den Abmahnenden gleich mehrere Konsequenzen haben.
Für das Urheberrecht sind die Rechtsfolgen einer unberechtigten Abmahnung teilweise in § 97a Abs. 4 UrhG geregelt. Danach kann, soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, der Abgemahnte Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war.
Im Markenrecht kann eine unberechtigte Abmahnung einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und deshalb Ansprüche des Abgemahnten auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten gem. § 823 BGB begründen.
Daneben droht sowohl im Urheberrecht als auch im Markenrecht eine negative Feststellungsklage auf Feststellung des Nichtbestehens der mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüchen.
Wieso ist die (Drohung mit einer) Feststellungsklage ein geeignetes Verteidigungsmittel?
Wird eine unberechtigte Abmahnung ausgesprochen, so wird zugleich eine negative Feststellungsklage des Abgemahnten riskiert. Durch eine solche negative Feststellungsklage gem. § 256 ZPO kann der Abgemahnte rechtskräftig feststellen lassen, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen. Sofern dies wegen einer unberechtigten Abmahnung der Fall ist, so verliert der Abmahnende den Prozess und trägt die gesamten Prozesskosten. Das bei einer negativen Feststellungsklage drohende Prozesskostenrisiko ist für die Abmahnenden häufig Grund genug, ihre Abmahnung zurücknehmen oder auf eine Geltendmachung der (vermeintlichen) Ansprüche zu verzichten.
Voraussetzung: Feststellungsinteresse
Voraussetzung für die negative Feststellungsklage ist ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses (Feststellungsinteresse). „Rechtsverhältnis“ i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO meint dabei jede rechtliche Beziehung zwischen Personen oder Personen und Sachen in einem konkreten Lebenssachverhalt. Auch das Nichtbestehen eines Anspruchs stellt ein solches Rechtsverhältnis dar.
Bei einer unberechtigten Abmahnung besteht das notwendige Feststellungsinteresse bereits deshalb, weil sich der Abmahnende eines Rechts berühmt, das ihm womöglich gar nicht zusteht. Insoweit hat der Abgemahnte ein rechtliches Interesse daran feststellen zu lassen, dass gerade dieses Recht nicht besteht.
Häufig genügt bereits eine „Drohung“ mit der Erhebung einer negativen Feststellungsklage, um die Gegenseite von der weiteren Verfolgung Ihrer Ansprüche abzuhalten.
Die Gegenseite droht mit einer negativen Feststellungsklage – Was tun?
Sofern auf eine unberechtigte Abmahnung mit der Erhebung einer negativen Feststellungsklage gedroht wird, so kann die Erhebung einer solchen Klage unter Umständen doch noch vermieden werden. Wie zuvor dargelegt, ist eine negative Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO nur dann zulässig, wenn ihr ein Feststellungsinteresse zugrunde liegt.
Ein solches liegt zwar bei einer unberechtigten Abmahnung grundsätzlich vor, kann jedoch auch wieder entfallen, wenn der Abmahnende ganz oder teilweise auf die weitere Geltendmachung seiner (ggf. vermeintlichen) Ansprüche verzichtet und die Abmahnung ganz oder teilweise zurücknimmt. Denn dann besteht regelmäßig kein rechtliches Interesse des ursprünglich Abgemahnten mehr an der Feststellung des Nichtbestehens der in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche.
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Als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht berate und vertrete ich gemeinsam mit meinem Team seit Jahren Unternehmen bei allen Fragen rund um das Urheber– und Markenrecht. Wir verfügen über die notwendige Erfahrung im Umgang mit urheber- und markenrechtlichen Abmahnungen, einstweiligen Verfügungsverfahren, Klageverfahren sowie Widerspruchsverfahren.
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