Ansprüche bei Rufschädigung durch Medienberichterstattung – was können „Medienopfer“ tun?
Ein Beitrag zum Thema Rufschädigung von Rechtsanwalt David Geßner, LL.M. (IP), Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Bekanntlich haben die Medien und die Presse einen großen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. Politik und Wirtschaft werden durch die starke Meinungsmacht der Medien in ihren Entscheidungen beeinflusst. Immer wieder wird diese Macht jedoch dazu missbraucht, gezielt Stimmung gegen bestimmte Personen oder Personengruppen zu betreiben, wodurch Rechte, insbesondere Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt werden. Besonders häufig von einer unzulässigen Medienberichterstattung betroffene Elemente des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind das Recht auf Privatsphäre, das Recht am eigenen Bild sowie das Recht der persönlichen Ehre. Ob eine Wort- oder Bildberichterstattung der Medien Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt, ist anhand einer umfangreichen Interessenabwägung zwischen den Medien- und Kommunikationsfreiheiten auf der einen Seite und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der betroffenen Medienopfer auf der anderen Seite zu bestimmen. So muss stets im Einzelfall geprüft werden, ob die Meinungs- und Pressefreiheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwiegen. Im Rahmen einer Interessenabwägung ist stets zu berücksichtigen, ob die Sozialsphäre, die Privatsphäre oder die Intimsphäre des Betroffenen Medienopfers beeinträchtigt wurde. So ist die Intimsphäre immer schützenswerter als die Medienfreiheiten.
Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen
Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine Medienberichterstattung zulässig ist oder nicht, ist zunächst die Frage, ob es sich bei den von den Medien verbreiteten Äußerungen um Meinungsäußerungen oder um Tatsachenbehauptungen handelt. Denn je nach Einordnung einer Äußerung gestaltet sich der Schutzumfang unterschiedlich.
Meinungsäußerungen
Meinungsäußerungen sind geprägt durch ein subjektives Dafürhalten. Es handelt sich um Werturteile, welche durch die grundrechtlich geschützte Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sind, solange die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik nicht überschritten ist. Von Schmähkritik spricht man, wenn die Äußerung dazu bestimmt ist, die betroffene Person herabzuwürdigen und zu diffamieren, also wenn die Auseinandersetzung in der Sache selbst nicht damit bezweckt ist, sondern eine Rufschädigung erfolgen soll. Zu beachten ist jedoch, dass die Rechtsprechung bei der Bewertung einer Äußerung als persönlichkeitsrechtsverletzende Schmähkritik äußerst zurückhaltend ist, sodass auch bei überspitzter Kritik noch von einer zulässigen Meinungsäußerung auszugehen ist.
Tatsachenbehauptungen
Von Tatsachenbehauptungen spricht man, wenn die Äußerung dem Beweis zugänglich ist und somit nachgewiesen werden kann, ob die aufgestellte und verbreitete Behauptung wahr oder unwahr ist.
Unwahre Tatsachenbehauptungen/Verleumdung und Schmähkritik
Grundsätzlich gilt, dass Medien über wahre Tatsachen berichten dürfen und in diesem Zusammenhang im Rahmen der Presse- und Meinungsfreiheit im zulässigen Rahmen auch ihre Meinung frei äußern dürfen. Dritte müssen es sich jedoch nicht gefallen lassen, dass unwahre Tatsachen über sie behauptet oder verbreitet werden. Auch muss sich niemand gefallen lassen, dass er öffentlich herabgewürdigt und durch Beleidigungen diffamiert und auf diese Weise in seiner Ehre gekränkt wird.
Wahre Tatsachenbehauptungen/identifizierende Berichterstattung
Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass Medienberichterstattungen in der Regel wahre Tatsachen verbreiten dürfen, besteht insbesondere dann, wenn eine identifizierende Berichterstattung zu einer Prangerwirkung für die betroffene Person führt. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof haben wiederholt deutlich gemacht, dass eine identifizierende Medienberichterstattung unzulässig ist, wenn wahre, beanstandungswürdige Tatsachen durch einen Beitrag einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und aufgrund der geschilderten Geschehnisse und der einseitigen Darstellung eine Vorverurteilung in Bezug auf den Betroffenen erfolgt. Von einer unzulässigen Prangerwirkung spricht man somit dann, wenn die Berichterstattung sich schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt (BGH, Urteil vom 13.1.2015 – VI ZR 386/13 (KG); BVerfG, GRUR 2010, 544 Rn. 25). Geht mit der identifizierenden Berichterstattung eine nachhaltige Rufschädigung der dargestellten Person, über welche berichtet wird, einher, wird man von einer unzulässigen Medienberichterstattung ausgehen müssen. Jedoch ist auch dies stets im Einzelfall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu beurteilen. Letztlich wird nur ein Rechtsanwalt für Medienrecht, der auf die Durchsetzung von Ansprüchen bei Verleumdung und Rufschädigung spezialisiert ist, eine zuverlässige Abwägung vornehmen können.
Grundsätze zur Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und den gegenüberstehenden Medienfreiheiten und Kommunikationsgrundrechten
Auch wenn eine Persönlichkeitsrechtsverletzung stets auf der Grundlage einer umfangreichen Interessenabwägung im Einzelfall zu ermitteln ist, haben sich gewisse Abwägungsgrundsätze in der Praxis herausgebildet, welche im Folgenden dargestellt werden:
- Schmähkritik, Formalbeleidigung sowie ein Angriff auf die grundrechtlich geschützte Menschenwürde führen stets dazu, dass das Interesse des Betroffenen am Schutz seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts überwiegt.
- Die Kommunikationsfreiheit überwiegt hingegen grundsätzlich, wenn die Medienberichterstattung wahre Tatsachen enthält.
- Berühren wahre Tatsachen die Intim- Privat- oder Vertraulichkeitssphäre, ist die Medienberichterstattung insoweit unzulässig, es sei denn es liegt ein überwiegendes berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit vor.
- Wahre Tatsachenbehauptungen sind auch dann unzulässig, wenn deren Äußerung einen Persönlichkeitsschaden mit sich bringt und kein überwiegendes Interesse an der Verbreitung dieser wahren Tatsachen besteht, welches die Herbeiführung dieser Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts rechtfertigen würde.
- Unwahre Tatsachenbehauptungen sind nicht schützenswert und sind in keinem Fall von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Ansprüche von Medienopfern bei unzulässiger Medienberichterstattung
Medienopfer, welche von einer persönlichkeitsrechtsverletzenden, rufschädigenden Medienberichterstattung betroffen sind, haben in der Regel folgende Interessen:
- Unterlassung der zukünftigen Verbreitung der Berichterstattung
- Entfernung von Beiträgen aus Onlinearchiven der Medien
- Berichtigung oder Widerruf unrichtiger Tatsachenbehauptungen
- Schadensersatz und Geldentschädigung
- Auskunft über Art und Umfang der Berichterstattung sowie Herausgabe bzw. Vernichtung rechtsverletzender Aufnahmen und anderer Dateien
Ansprüche bei unzulässiger Medienberichterstattung
Den von einer unzulässigen Medienberichterstattung betroffenen Medienopfern stehen unterschiedliche Ansprüche gegen den entsprechenden Verlag, gegen den mit dem Beitrag befassten Redakteur sowie gegebenenfalls gegen den Chefredakteur und den Herausgeber zu. Je nach Einzelfall und nach Art und Umfang der Persönlichkeitsrechtsverletzung haben die Betroffenen die folgenden Ansprüche:
- Unterlassungsanspruch
- Gegendarstellungsanspruch
- Berichtigungsanspruch
- Geldentschädigungsanspruch
- Schadensersatzanspruch
- Auskunftsanspruch
- Vernichtung- bzw. Herausgabeanspruch
Lesen Sie in meinem Beitrag über das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Detail, welche Ansprüche bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen bestehen und wie diese ausgestaltet sind und wie ich Ihnen als Anwalt für Medienrecht bei Verleumdung und Rufschädigung helfen kann.
Durchsetzung der Ansprüche bei unzulässiger Medienberichterstattung
Medienopfer haben unterschiedliche außergerichtliche und prozessuale Möglichkeiten, die ihnen zustehenden Ansprüche effektiv durchzusetzen. Die folgenden Arten der Durchsetzung bilden das Kernstück eines jeden medienrechtlichen Verfahrens:
- Abmahnung
- einstweiliges Verfügungsverfahren
- Klageverfahren
Erfahren Sie in meinem Beitrag mehr über die Durchsetzung von Ansprüchen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen prozessualen und außerprozessualen Mittel zur Anwendung gelangen, ist entscheidend von der Art des Anspruches und dem Verfahrensstadium abhängig.
Meine Leistungen als Rechtsanwalt für Medienrecht und Presserecht in Berlin
Sollten auch Sie durch eine unzulässige Medienberichterstattung in Ihren Persönlichkeitsrechten verletzt worden und Opfer einer Verleumdung sein, stehen wir Ihnen als Medienanwälte aus Berlin jederzeit bundesweit unterstützend zur Seite. Wir sind auf das Medienrecht und dabei insbesondere auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen spezialisiert und verfügen über umfangreiche Erfahrung bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Medien. Nehmen Sie gern unverbindlich Kontakt zu uns auf.