Herstellungsverträge über Werbefilmproduktionen
Trotz eines für die Kreativbranche mehr als herausfordernden Jahres sind Werbefilmproduktionen für viele Unternehmen nach wie vor ein wichtiges Marketinginstrument. Neben der klassischen filmischen Produktwerbung (wie Werbespots oder Produktvideos) sind auch andere Formate aus dem Bereich des Video Marketings (etwa Imagefilme, Erklärvideos, Corporate Videos oder Recruitingfilme) weiterhin gefragt.
Denn vor allem das Internet und die Möglichkeit, werbliche Inhalte über Social-Media-Plattformen im Rahmen von Links, Likes oder privaten Empfehlungen zu verbreiten, haben dafür gesorgt, dass sich mit viraler Videowerbung eine nahezu unendliche Reichweite generieren lässt. Gerade die von Unternehmen vermehrt eingesetzte Werbeform des Influencer-Marketings beruht im Wesentlichen auf filmischen Gestaltungen, was die Nachfrage für Werbefilme erheblich gesteigert hat. Zwar lassen sich heutzutage Werbefilme auch ohne viel Aufwand selbst produzieren.
Da jedoch die Umsetzung besonders kreativer Ideen zum Teil sehr anspruchsvoll sein kann, wird die Produktion von Werbefilmen nicht selten spezialisierten Produktionsfirmen überlassen. Zu diesem Zweck beauftragen Werbetreibende bzw. deren Werbeagenturen eine Produktionsfirma damit, einen Werbefilm zu produzieren, der ihre spezifischen Marketingkonzepte kreativ und den spezifischen Anforderungen entsprechend umsetzt. Da alle Aufgaben, Pflichten und Rechte der an der Produktion Beteiligten möglichst eindeutig und klar festgelegt werden sollten, empfiehlt es sich, Verträge über Werbefilmproduktionen grundsätzlich genau zu prüfen.
Der nachfolgende Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen bei Verträgen über Werbefilmproduktionen und soll einen Einblick in die wesentlichen Vertragsbestandteile geben.
Das Vorvertragsstadium
Die Initiative zur Herstellung eines Werbefilms wird in der Regel vom werbenden Unternehmen ausgehen, da Werbefilmproduzenten naturgemäß keine eigenen Werbestoffe entwickeln. Oft wird vom werbenden Unternehmen ein Werbekonzept kurzfristig ausgeschrieben, auf das sich Werbefilmproduzenten dann im Rahmen von sog. Pitches bewerben können. Da zwischen einem Pitch und dem Drehbeginn bzw. der Fertigstellung des Werbefilms oft nur wenige Wochen liegen können, empfiehlt es sich aus Sicht des Werbefilmproduzenten, bei der Kalkulation der Drehtage und der zu erwartenden Kosten möglichst genau zu sein, um Herstellungsrisiken zu vermeiden. Bei der Kalkulation über die Herstellungskosten einer Werbefilmproduktion haben sich in der Branche bestimmte Darstellungsstandards (üblicherweise auf Excel-Basis) entwickelt, die dem Werbetreibenden einen Vergleich des Angebots ermöglichen und erleichtern sollen.
Neben der Kalkulation ist beim Pitch natürlich auch das jeweilige kreative Umsetzungskonzept entscheidend, da vom werbenden Unternehmen bzw. deren Agentur meist nur vage Vorstellungen oder Ideen für die Umsetzung vorliegen.
Geheimhaltungsvereinbarungen (NDA)
Nicht selten wird im Vorfeld der Beauftragung mit der Produzentin eine Geheimhaltungsvereinbarung (engl. Non Disclosure Agreement bzw. „NDA“) geschlossen. Insbesondere bei Produktneuheiten hat der Werbetreibende ein berechtigtes Interesse daran, dass Details hierüber nicht vor Veröffentlichung des Werbefilms an die Öffentlichkeit gelangen. Hierbei werden zum Teil starre und sehr hohe Vertragstrafen abverlangt, für den Fall, dass der Vertragspartner gegen die NDA verstößt.
Da starre bzw. überhöhte Vertragsstrafen jedoch auch zur Unwirksamkeit der jeweiligen Klausel führen können, empfiehlt es sich, die Vertragsstrafe der Höhe nach flexibel zu gestalten. In der Praxis hat sich dabei der sog. Hamburger Brauch durchgesetzt, bei der die Höhe der Vertragsstrafe in das Ermessen des Werbetreibenden gestellt wird, im Streitfall jedoch durch das zuständige Gericht überprüft wird.
Der Vertragsschluss
Herstellungsverträge über Werbefilmproduktionen kommen oft schon durch die verbindliche Annahme der Angebotskalkulation der Produktionsfirma zustande, die neben einer ausführlichen Leistungsbeschreibung zu einem Fixpreis in der Regel auch wesentliche Vertragsbestandteile und Zahlungsmodalitäten enthält. Spätestens mit Zahlung der ersten Rate durch den Auftraggeber liegt meist ein konkludenter Vertragsschluss vor. In diesem Fall gelten die gesetzlichen Regelungen zum Werkvertragsrecht ergänzend.
Vorverträge
Da sich die Annahme des Angebots verzögern kann, weil sie im Einzelfall noch von weiteren Faktoren abhängt (etwa Freigabe durch die Geschäftsleitung), werden aufgrund von Zeitnot nicht selten Vorverträge geschlossen, auf deren Basis die Werbefilmproduktion im Vertrauen auf eine Erteilung des Auftrags bereits mit der Vorbereitung der Herstellung beginnen kann. So kann sie bereits disponieren und Locations, Aufenthalte und Darsteller verbindlich buchen.
Der Auftraggeber haftet in diesem Fall bei überraschender Nichterteilung des Auftrags in der Regel nach den Grundsätzen der Vertrauenshaftung, da die werkvertraglichen Bestimmungen im vorvertraglichen Stadium noch nicht anwendbar sind. Die Vertrauenshaftung ist auf das sog. negative Interesse gerichtet und erfasst nur solche Kosten, die die Produktionsfirma im Vertrauen auf das Zustandekommen des Herstellungsvertrages getätigt hat. Ein entgangener Gewinn ist jedoch nicht erfasst.
Rechtsnatur der Herstellungsverträge über Werbefilmproduktionen
Bei Verträgen über Werbefilmeproduktionen handelt es sich in der Regel um vollfinanzierte Auftragsproduktionen (sog. echte Auftragsproduktionen), bei dem die Produktionsfirma als Auftragnehmerin das Vorhaben selbständig umsetzt. Der Werbetreibende bzw. dessen Agentur stellt dabei die Finanzierung sicher und trägt die budgetierten Kosten der Filmherstellung.
Die rechtliche Einordnung von vollfinanzierten Auftragsproduktionen als Werk- oder Dienstvertrag war in der Vergangenheit lange umstritten. Insbesondere hinsichtlich der Frage, ob bei einer derartigen Finanzierung das Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft im Sinne des § 94 UrhG erfüllt ist, bestand lange Uneinigkeit. Das Landgericht München I (vgl. Urteil vom 1. Dezember 2005 – 7 O 12664/05) stellte im Rahmen eines Musterverfahrens für derartige Verträge u.a. fest, dass im Rahmen der Abgrenzung nicht maßgeblich sei, wer das zu verfilmende Drehbuch entwickelt habe. Maßgeblich sei vielmehr, wer im Einzelfall das Herstellungsrisiko trägt.
Daneben komme es auch darauf an, wer die Filmschaffenden auf eigene Rechnung anstellt bzw. wem hinsichtlich der Mitwirkenden ein Weisungsrecht zusteht. Werden Festpreisvereinbarungen mit dem Werbefilmproduzenten vereinbart, wird in der Regel davon ausgegangen, dass dieser die Rechte des Filmherstellers aus § 94 UrhG originär erwirbt.
Werden vom Werbefilmproduzenten seinerseits Subunternehmer beauftragt, etwa für Auslandsdreharbeiten, liegt meist eine sog. „unechte Auftragsproduktion“ in Gestalt von Dienstverträgen vor (sog. „Cost-Plus-Verträge“).
Vereinbarung eines bestimmen Leistungserfolgs
Typischerweise enthalten Verträge über Werbefilmeproduktionen Bestimmungen, wonach der vertraglich geschuldete Leistungserfolg (§ 640 BGB) erst nach Vertragsschluss konkretisiert wird. Hierbei wird der Inhalt des Films im Rahmen von sog. Pre-Production Meetings im Beisein des Regisseurs im Nachhinein verbindlich festgelegt und durch ein Storyboard dokumentiert. Das Storyboard dient als Grundlage für die Umsetzung des Werbefilms inklusive der geplanten Einstellungen, Drehorte und Handlungsabläufe. Nicht selten werden hieran im späteren Verlauf Änderungen vorgenommen.
Hier empfiehlt es sich, sämtliche Änderungen am vertraglich vereinbarten Leistungserfolg genau zu dokumentieren, da dies nicht selten Auswirkungen auf die budgetierten Herstellungskosten haben kann. Ggf. sollten solche Änderungen in schriftlichen Zusatzvereinbarungen festgehalten werden, um Streitigkeiten über den geschuldeten Leistungsumfang zu vermeiden.
Rechteübertragung
Üblicherweise werden die beim Produzenten gem. § 94 UrhG entstehenden Leistungsschutzrechte – mit Ausnahme der verwertungsgesellschaftspflichtigen Vergütungsansprüche – vollständig auf den Auftraggeber übertragen. Anders als bei Auftragsproduktionen für Sender, bestehen aus Sicht des Werbefilmproduzenten in der Regel keine eigenen Verwertungs- bzw. Vermarktungsinteressen hinsichtlich des herzustellenden Werbefilms. Aus diesem Grund hat er in der Regel auch kein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, einzelne Rechte von der Rechteübertragung auszunehmen.
Für Filmschaffende (Regisseure, Kameraleute, Szenenbildner, etc.), die sich zur Mitwirkung an der Werbefilmproduktion verpflichtet haben, gilt die gesetzliche Vermutung des § 89 UrhG, wonach im Zweifel – also auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung – umfassende Nutzungsrechte an den Produzenten als Filmhersteller übertragen werden.
Rechtegarantien
In aller Regel enthalten Herstellungsverträge über Werbefilmproduktionen sog. Rechtegarantieklauseln, mit denen sich die Produktionsfirma verpflichtet, dem Auftraggeber die Nutzungsrechte frei von Rechten Dritter zu verschaffen.
Da der Inhalt des Werbespots meist vom Auftraggeber vorgegeben wird und der Werbefilmproduzent insoweit einem inhaltlichen Weisungsrecht des Auftragsgebers unterworfen ist, ist der Werbefilmproduzent in der Regel nicht für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Werbefilms verantwortlich. Letztlich liegt diese im Verantwortungsbereich des Auftraggebers.
Von der Rechtegarantie nicht erfasst sind diejenigen Nutzungsrechte, die der GEMA zur Wahrnehmung übertragen wurden (sog. „GEMA-Vorbehalt“).
Verletzung vorbestehender Rechte
Ein in der Praxis häufig auftretendes Problem ist die Verletzung vorbestehender Rechte. Da in der Werbung häufig Anlehnungen an vorbestehende Werke enthalten sind, stellt sich oft die Frage, ob eine freie oder unfreie Benutzung vorliegt. Hierbei gilt, dass das vorstehende Werk im neuen Werk „verblassen“ muss, um zu einer freien Benutzung zu gelangen. Dies ist stets eine Frage des Einzelfalls. Falls hinsichtlich der Verwendung einer bestimmten „Vorlage“ konkrete Vorgaben vom Auftraggeber gemacht werden bzw. Weisungen erteilt werden, haftet der Werbefilmproduzent in der Regel nicht, wenn sich die Umsetzung im Nachhinein als eine unfreie Bearbeitung eines vorstehenden Werks herausstellt.
Musik in der Werbung
Da bei Werbefilmen oft vorbestehende Musik zum Einsatz kommen soll, um eine bestimmte Werbebotschaft zu transportieren, ist auch das Verhältnis zu den jeweiligen Musikurhebern bei der Werbefilmproduktion zu klären. Da viele Musikurheber im Rahmen ihres Wahrnehmungsvertrags mit der GEMA die Möglichkeit haben, die Verwendung ihrer Musik in der Werbung von ihrer Einwilligung abhängig zu machen und die Höhe der Lizenz individuell zu verhandeln, sollte dies bei der Auswahl der Komposition für die Werbung stets berücksichtigt werden.
Die Vergütung
Hinsichtlich der Vergütung der Produktionsfirma wird üblicherweise ein Festpreis vereinbart, verbunden mit dem klarstellenden Hinweis, dass Risiken wegen höherer Gewalt oder wegen schlechten Wetters nicht von der Produktionsfirma getragen werden. Oft werden die Kosten eines Schlechtwettertages bereits im Angebot verbindlich kalkuliert. Im Rahmen der Ausschreibung wird die Produktionsfirma regelmäßig auch ihre Marge bzw. das sog. Markup offenlegen. Teilweise wird eine durchschnittliche Marge von 20 % auf die Herstellungskosten addiert. Bei Budgets um die 200.000 EUR gilt ein solcher Aufschlag als erforderlich, um den Herstellungsbetrieb zu finanzieren. Zum Teil werden bei höheren Budgets auch Rabatte gewährt, insbesondere wenn Rahmenverträge mit dem Auftraggeber bestehen, die für eine regelmäßige Beauftragung sorgen.
Fixtermine
Häufig werden in Verträgen über Werbefilmeproduktionen bestimmte Fixtermine festgelegt. Bei sog. absoluten Fixgeschäften ist die Leistungszeit derart wichtig, dass die Leistung nach Ablauf der Leistungszeit nicht mehr erbracht werden kann. Es liegt dann rechtlich gesehen Unmöglichkeit der Leistung vor. In der Regel liegt es im Interesse des Aufraggebers, den Werbefilm zu einem feststehenden Zeitpunkt einsetzen zu können, da er mit Blick auf den Kampagnenstart bereits umfangreich disponiert hat.
Jedoch werden seitens des Auftraggebers nicht selten alle Abgabetermine als Fixtermine bezeichnet, obwohl dies nicht immer sachgerecht ist. Denn die Folgen der Verfristung bei Fixterminen können aus Sicht der Produktionsfirma drastisch ausfallen (z.B. Rücktrittsrecht des Auftraggebers ohne Nachfristsetzung). Kann die Fertigstellung auch noch einige Zeit nach dem vereinbarten Termin sinnvoll stattfinden und ist der Einsatzzweck des Werbefilms nicht gefährdet, so genügt auch die Vereinbarung eines verbindlichen Termins. Die Nichteinhaltung des Termins zieht dann nur die üblichen Verzugsfolgen nach sich.
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