Werbung mit Zertifikaten und Gütesiegeln: Was ist erlaubt – und was kann teuer werden?
Unser neues YouTube-Video ist jetzt online! Darin erklärt Fachanwalt David Geßner, wann Unternehmen mit Gütesiegeln, Zertifikaten oder Prüfsiegeln werben dürfen – und welche rechtlichen Fallstricke dabei drohen. Viele Unternehmen nutzen Zertifikate als Vertrauenssignal, übersehen aber die rechtlichen Grenzen des Wettbewerbsrechts (§§ 3, 5 UWG). Im Video erfahren Sie, wie Sie rechtssicher werben, Abmahnungen vermeiden und worauf Sie besonders achten müssen.
Warum das Thema Werbung mit Gütesiegeln so wichtig ist
Gütesiegel und Zertifikate sind längst ein zentrales Marketinginstrument. Sie vermitteln Verbrauchern Sicherheit, Qualität und Transparenz – und entscheiden häufig über den Kauf.
Gerade im Onlinehandel und bei Dienstleistern werden Begriffe wie „TÜV-geprüft“, „zertifiziert“ oder „geprüfte Qualität“ gezielt eingesetzt, um Vertrauen zu schaffen.
Doch hier lauern juristische Risiken:
Wer mit einem Gütesiegel wirbt, das nicht offiziell vergeben wurde, oder die Aussagekraft eines Siegels überinterpretiert, begeht schnell eine Irreführung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Folge sind Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und erhebliche Kosten.
Betroffen sind vor allem:
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Onlinehändler, die mit Logos, Prüfsiegeln oder Testergebnissen werben,
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Dienstleister, die eigene „Zertifikate“ entwerfen,
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und Unternehmen, die veraltete oder nicht genehmigte Siegel weiterhin nutzen.
Juristische Einordnung: Was das UWG zur Werbung mit Prüfsiegeln sagt
Die rechtlichen Grundlagen finden sich im § 5 UWG – Irreführende geschäftliche Handlungen.
Demnach ist Werbung unzulässig, wenn sie falsche oder täuschende Angaben über die Eigenschaften, Prüfungen oder Anerkennung eines Produkts enthält.
Nach Nr. 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zählen Gütezeichen, Qualitätskennzeichen und ähnliche Zeichen zu den geschützten Kennzeichnungen.
Das bedeutet:
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Nur wer eine tatsächliche Zertifizierung durch eine unabhängige, autorisierte Stelle erhalten hat, darf dies auch so bewerben.
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Der Begriff „zertifiziert“ darf nicht den Eindruck staatlicher oder amtlicher Anerkennung erwecken, wenn keine solche vorliegt.
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Die Werbung muss transparent und nachvollziehbar erklären, wer die Prüfung vorgenommen hat und auf welchen Kriterien sie beruht.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mehrfach klargestellt, dass Verbraucher Angaben zu Prüfsiegeln wahrheitsgemäß und vollständig verstehen müssen (BGH, Urteil vom 15.04.2021 – I ZR 134/20). Unklare oder irreführende Darstellungen gelten daher als unzulässig.
Typische Fehler und rechtliche Risiken
In der Praxis kommt es immer wieder zu denselben Problemen.
Unternehmen begehen häufig folgende Fehler:
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Verwendung ohne Genehmigung:
Viele Siegel dürfen nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Rechteinhabers genutzt werden. Ohne Lizenz liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. -
Irreführende Darstellung:
Wird der Eindruck erweckt, das gesamte Unternehmen oder Produkt sei geprüft, obwohl nur Teilbereiche zertifiziert sind, gilt die Werbung als täuschend. -
Abgelaufene Zertifikate:
Werbung mit abgelaufenen Zertifikaten ist unzulässig und kann abgemahnt werden. -
Selbsterstellte Siegel:
Eigene „Prüfzeichen“ ohne objektive Prüfkriterien können Verbraucher in die Irre führen – auch dann, wenn keine Täuschungsabsicht besteht.
Die Konsequenzen reichen von kostspieligen Abmahnungen über gerichtliche Unterlassungsverfahren bis hin zu Imageschäden.
Handlungsempfehlungen: So vermeiden Sie Abmahnungen
Unternehmen, die rechtssicher mit Zertifikaten werben möchten, sollten einige Grundregeln beachten.
1. Vor Nutzung Genehmigung prüfen
Bevor ein Gütesiegel verwendet wird, muss geprüft werden, ob eine Lizenz oder Genehmigung erforderlich ist.
2. Transparente Darstellung
Geben Sie klar an, wer das Siegel vergeben hat und welche Kriterien zugrunde liegen. Ein Link zur Prüfungsstelle oder zum Verfahren erhöht die Transparenz.
3. Keine Eigenkreationen ohne Hinweis
Wenn Sie ein eigenes Prüfsiegel verwenden, müssen Sie deutlich machen, dass es sich nicht um eine unabhängige Prüfung handelt. Ein erläuternder Hinweis ist Pflicht.
4. Aktualität regelmäßig kontrollieren
Überprüfen Sie Zertifikate auf Gültigkeit und Richtigkeit. Alte oder abgelaufene Logos sollten unverzüglich entfernt werden.
5. Rechtliche Prüfung durch Fachanwalt
Eine anwaltliche Prüfung Ihrer Werbeaussagen kann Abmahnungen vermeiden, bevor sie entstehen.
Als Fachanwaltskanzlei für Wettbewerbsrecht prüfen wir Ihre Werbung auf mögliche Risiken und begleiten Sie bei der rechtssicheren Umsetzung.
YouTube-Video: Rechtliche Fallstricke bei der Werbung mit Zertifikaten
In unserem neuen YouTube-Video erklärt Fachanwalt David Geßner praxisnah, worauf Unternehmen bei der Werbung mit Zertifikaten, Prüfsiegeln und Testergebnissen achten sollten.
Er erläutert, wie man unzulässige Werbung erkennt, welche Genehmigungen erforderlich sind und welche Handlungsspielräume es gibt.
Praxisbeispiel: Abmahnung wegen unzulässiger Zertifikatswerbung
Beispiel (fiktiv, aber realistisch): Ein Onlinehändler für Elektronikprodukte wirbt mit dem Hinweis „TÜV-geprüfte Qualität“ und nutzt ein TÜV-ähnliches Logo. Tatsächlich stammt die Prüfung von einer privaten, wenig bekannten Prüfstelle. Der TÜV erfährt davon und spricht eine Abmahnung aus.
Das Ergebnis:
Die Werbung war irreführend, da sie den Eindruck einer amtlichen Prüfung vermittelte. Der Händler musste eine Unterlassungserklärung abgeben und die Abmahnkosten tragen.
Dieses Beispiel zeigt, dass Verstöße gegen das UWG oft unbewusst geschehen, aber erhebliche wirtschaftliche Folgenhaben können.
FAQ: Häufige Fragen zur Werbung mit Gütesiegeln
1. Darf ich selbst ein Gütesiegel erstellen?
Ja, aber nur, wenn klar erkennbar ist, dass es sich nicht um eine unabhängige Prüfung handelt. Transparenz ist entscheidend, um Irreführung zu vermeiden.
2. Ist Werbung mit abgelaufenen Zertifikaten zulässig?
Nein. Sobald die Gültigkeit abläuft, darf das Siegel nicht weiter verwendet werden – auch nicht zu Archivzwecken.
3. Was passiert bei einer Abmahnung?
Abmahnungen führen häufig zu Unterlassungsforderungen und Kostenerstattungsansprüchen. Lassen Sie eine Abmahnung sofort rechtlich prüfen, bevor Sie reagieren.
4. Kann ein Gütesiegel ohne amtliche Anerkennung verwendet werden?
Grundsätzlich ja – sofern keine amtliche Prüfung suggeriert wird und der Verbraucher über den Hintergrund informiert ist.
5. Wie kann ich mich rechtlich absichern?
Durch eine präventive Prüfung Ihrer Werbemaßnahmen durch eine Fachanwaltskanzlei für Wettbewerbsrecht. So vermeiden Sie spätere Konflikte und Abmahnungen.
Fazit: Werbung mit Gütesiegeln – Vertrauen schaffen, rechtssicher bleiben
Gütesiegel sind ein starkes Marketinginstrument, wenn sie transparent, genehmigt und korrekt dargestellt werden.
Unternehmen, die diese rechtlichen Grundsätze beachten, können Verbrauchervertrauen gewinnen, ohne Abmahnrisiken einzugehen.
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